Es war einmal vor vielen Jahren…
Aarau, ein kleiner aber geschäftiger Marktfleck, errichtete seine Stadtmauern auf einem Felsen hoch über der Aare. Die Lage auf dem Felsen ermöglichte eine gute Sicht über das ganze Land und schützte die Bürgerinnen und Bürger zudem vor den jährlichen Überschwemmungen im Auengebiet der Aare. Das Gewerbe florierte in der kleinen Stadt und bald wurden Kanäle angelegt, welche die Mühlen im Städtchen antrieben und zudem den Unrat fort und in die unten fliessende Aare trugen.
Im Jahr 1631 wurde von einer wohlhabenden Bäckerfamilie auf dem Stadtfelsen, neben dem Schlachthof, ein hohes, schmales Haus erbaut. Die dicken Mauern schützten die Bewohner vor dem kalten Wind, der von der Aare her wehte und der Eingang lag zentral und geschützt im Stadthöfli. Das Geschäft florierte und die Aarauerinnen kamen gerne ihr Brot hier kaufen.
Viele Jahre zogen ins Land. Manche ruhig und reich andere kriegerisch und Tod bringend. Aus der Bäckersfamilie wurde eine Familie von Kaufleuten und viele von ihnen suchten im Ausland ihr Glück, denn das Land war arm. Nach und nach verschwand das Gewerbe aus dem Stadthöfli. Die Mühleräder standen still und ins ehemalige Schlachthaus zogen ein Theater und ein Café. Die Häuser im Stadthöfli wurden renoviert und neue Menschen zogen ein.
Im Haus der Bäckersfamilie jedoch stand die Zeit still. Die meisten Familienmitglieder waren fort gezogen und so lebte am Ende nur noch eine alte Dame im Haus. Als sie starb wurde das Haus zum Verkauf ausgeschrieben. Die Neugier der Aarauer war gross. Ein Haus zum Verkauf inmitten der Altstadt? Das gibt es nicht alle Tage. Sie kamen in Scharen, liefen durch das Haus und sagten: „Ah! und Oh! und welch wunderbare Aussicht“. Sagten aber auch: „Uiii! wie eng und dunkel“ und „das wird ein Fass ohne Boden, alles ist kaputt und so viel ist zu tun“.
Auch wir hörten von dem Haus und gingen schauen. Und wir sagten: „Ah! und Oh! und welch wunderbare Aussicht. Und hörst du den Bach rauschen unter den Fenstern? Lass uns eine Terrasse über dem Bach errichten, Fenster einbauen und Wände einreissen. Lass uns Leben ins Haus bringen und die alten Böden sollen glänzen“!
Seit 2012 ist wieder Leben ins alte Haus von 1631 zurückgekehrt. Es beherbergt Sesshafte und Reisende und wiegt seine Bewohner mit dem Rauschen des Baches in den Schlaf. In seinem Keller wir Jazz gespielt und werden Feste gefeiert. Und ab und zu wird Brot gebacken.